Schauksten zur Jahreslosung 2022

Schauksten zur Jahreslosung 2022

Schauksten zur Jahreslosung 2022

# Schaukasten

Schauksten zur Jahreslosung 2022

Der Schaukasten illustriert die neue Jahreslosung aus dem Johannesevangelium, Kap 6, Vers 37 b mit einem Gemälde in Mischtechnik (Guache, Acryl und Ölkreide) unseres Gemeindemitglieds Prof. Gerd Wessolek, der es freundlicherweise ausgeliehen hat.  Die Losung selbst ist lose darauf geklebt, denn das Bild ist schon älter.

Man sieht Menschen, die mit Abstand in einer Schlange stehen und offenbar warten. Der Raum ist karg, vielleicht in einem Backsteingebäude, nur wenig natürliches Licht fällt durch das Fenster. Die Menschen schauen sich nicht an, sie haben verschlossene Gesichter, sie sind mit sich selbst beschäftigt, ihr Ausdruck ist vielleicht sogar feindlich, auf jeden Fall abweisend.

Das kennen wir doch: Schlange stehen, in gebührendem Abstand, im Testzentrum, im Impfzentrum, an der Kasse des Supermarktes, beim Einlass zu Veranstaltungen. Und ja, abweisend sind auch wir geworden. Wie viele Einladungen haben wir zurückgewiesen, Besucher wieder ausgeladen, Konzerte abgesagt. Notgedrungen, aus Vernunft. Aber die Kränkung für die Abgewiesenen blieb. Und oft wurden wir auch selbst abgewiesen und mussten gegen das Gefühl der Kränkung, des Ausgeschlossenseins ankämpfen.

Das Bild scheint sinnbildlich für die Pandemiezeit und ist doch schon älter. Verschlossenheit, Desinteresse an den Mitmenschen, das Abweisende waren schon lange in unserer Gesellschaft zu spüren und wurden auch schon lange beklagt. Corona hat es nur noch schlimmer gemacht, noch fühlbarer. Wie ein Brennglas werden die Missstände deutlich und wie ein Brandbeschleuniger wirkt die Pandemie. Wer arm war, wird noch ärmer. Kinder, die nicht gut betreut wurden, werden jetzt gänzlich vernachlässigt. Wohnungen, die schon vorher eng waren, werden nun zu Gefängnissen.

Aber Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.

Wie tröstlich ist dieser Satz, dieses Vertrauen, das wir haben dürfen. Wie nötig brauchen wir das, gerade jetzt. Und wer sich ab und an vergewissert, dass er von Jesus vorbehaltlos angenommen wird, der kann eigentlich gar nicht anders als seinen Mitmenschen ebenso zu begegnen. Diese Gewissheit verändert uns, sie macht uns selbstsicherer, weniger ängstlich und misstrauisch, zugewandter, vertrauensvoller,  mitleidiger, wohlwollender und auch neugieriger auf den anderen. So hat Bischof Heinrich Bedfort-Strohm zu Recht gesagt: „Diese Jahreslosung ist ein Gegengift gegen die herrschende Kultur der Abweisung“ – Unkultur möchte man sagen. Wir wollen niemanden mehr grundsätzlich abweisen, auch wenn wir seine Meinung nicht immer teilen können. Wir wollen weiter argumentieren, auch wenn es mühsam ist. Aber irgendwann, vielleicht sogar schneller als gedacht,  ist die Pandemie vorbei und dann müssen wir noch immer miteinander umgehen können. Die Saat dafür säen wir jetzt.  

Als ein ökumenisches Komitee die Jahreslosung vor 3 Jahren ausgewählt hat, hat man wohl eher an die Aufnahme der Flüchtlinge bei uns gedacht. Von denen redet derzeit niemand mehr. Zu sehr sind wir mit uns selbst beschäftigt. Dabei trifft Corona die Geflüchteten besonders hart und macht ihr Schicksal noch schwerer: Die engen Unterkünfte machen sie besonders anfällig für Ansteckungen, die Sprachbarriere erschwert das Impfen, freiwillige Helfer ziehen sich zurück, Deutschunterricht kann nicht stattfinden, die Konjunktur schwächelt, also sind die Jobaussichten noch schlechter als vorher. Und wir drehen uns um uns selbst. Das ist auch eine subtile Art der Abweisung. Zugewandter, vertrauensvoller,  mitleidiger, wohlwollender und auch neugieriger auf den anderen geht anders. Vergessen wir vor lauter Sorge um uns selbst die anderen nicht ganz, die Flüchtlinge nicht und die Obdachlosen auch nicht und so viele andere brauchen unsere Hilfe und Solidarität, mehr denn je. Denn sie alle werden von Pandemie und Wirtschaftskrise ungleich härter getroffen als wir.

 Für das Schaukastenteam Maren Topf-Schleuning

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