17/11/2025 0 Kommentare
Unser Schaukasten zum Ewigkeitssonntag
Unser Schaukasten zum Ewigkeitssonntag
# Aktuelles

Unser Schaukasten zum Ewigkeitssonntag
In wenigen Tagen schließt sich der Jahreskreis.
Wir befinden uns in einer Art Zwischenraum, in einer Übergangszeit zwischen der Vergangenheit und der Zukunft. Wir gedenken zum Ende dieses Kirchenjahres an all diejenigen, die im letzten Jahr verstorben sind, aus unserem Verwandten- und Bekanntenkreis, aus unserer Gemeinde. An diejenigen, die wir gehen lassen mussten. An diejenigen, die eine schmerzliche Lücke hinterlassen haben. Am Ewigkeitssonntag werden wir im Gottesdienst die Namen verlesen und für alle Verstorbenen jeweils eine Kerze anzünden. So können wir uns im Gottesdienst miteinander verbinden, im stillen Gedenken und im Licht der Kerzen nachspüren, welches Licht diese Menschen in unser Leben gebracht haben. Ein Licht, das über den Tod hinaus strahlt. Wir hören ihre Namen. Und mit den Namen kommen uns Bilder und Geschichten in den Sinn, Erinnerungen, die unser Herz aufgehen lassen, gemeinsame Momente und Erlebnisse, die uns geprägt haben.
Im Schaukasten haben wir die Namen in diesem Jahr auf Fußspuren geschrieben. Denn Menschen hinterlassen Spuren in unserem Leben. Wir begegnen einander und sind danach nie wieder dieselben. Unsere Wege kreuzen sich, wir gehen ein Stück gemeinsam.
Viele Sprichworte ranken sich um die Wirkung zwischenmenschlicher Begegnung. Da ist unter anderem von großen Fußstapfen zu hören, in die wir treten, wenn wir jemandem in seiner Rolle nachfolgen. Im Petrusbrief heißt es „Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Fußspuren folgt“. Auch in asiatischen Tempeln findet man große Trittspuren Buddhas, die als bildliche Aufforderungen gelten, in seine Fußstapfen zu treten.
Wie bekunden Menschen in Traueranzeigen und Nachrufen, was ihnen die nun fehlenden Menschen bedeutet haben? „Du warst die Liebe meines Lebens“. „Du wirst immer ein Teil von mir sein.“ Was empfehlen sich Trauernde im Schmerz? „Weint nicht, sondern lächelt und seid dankbar für das, was war“. Welche Hoffnungen auf Trost werden verknüpft mit dem Tod? „Du bist nicht gestorben, Du hast nur den Raum gewechselt und lebst in unseren Erinnerungen.“ „Du bist nur einen Gedanken weit entfernt.“ Was zählt im Leben? „Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen.“
Zurück zu den Sprichwörtern und den Fußstapfen. Es heißt auch, dass man keine eigenen Spuren hinterlassen kann, wenn man in die Fußstapfen eines anderen tritt. Es gibt keine Innovation, ohne dass jemand über „seinen Meister“ hinauswächst und neue Dinge wagt. Aber auch viel grundsätzlicher wollen wir uns die Frage beantworten: Wer bin ich? Was ist mir wichtig? Was entspricht meinem Wesen? Welche Werte sind mir wichtig und wie sehr bin ich bereit, mich für sie einzusetzen? Meist ist es ein Abwägen zwischen einem Geborgensein in einer Gemeinschaft und individuellen Bedürfnissen.
So oder so, das Ende des Kirchenjahres markiert eine Übergangszeit. Wir halten inne, gedenken der Verstorbenen, konfrontiert mit der Frage nach der Ewigkeit. Da macht sich vielleicht eine kleine Tür auf. Ein leiser Raum des Dazwischen sein. Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Im Dazwischen gestalten wir unser Leben. Der Tod ist eine Etappe des Abschieds. An vielen Abschieden in unserem Leben dürfen wir das Ungewisse, welches ein Übergang mit sich bringt, üben. Schulstart, Schulende, Berufsabschluss, neuer Job, neue Lebenspartner, Lebensabschnittsfreunde, Freunde für Leben, Umzüge, das Aus-dem-Haus-gehen der Kinder, der Eintritt in den beruflichen Ruhestand ... Wir müssen das Ungewisse aushalten und das Dazwischen - nennen wir es Leben - gestalten. Welche Spuren wollen wir hinterlassen? Wie möchten wir erinnert werden?
So hilft uns eine Zeile aus dem 90.Psalm: Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.
Machen wir uns also auf den Lebensweg, gehen wir Schritt für Schritt, in den eigenen Fußstapfen, gern aber auch in Begleitung.
Unsere Verstorbenen und unsere Erinnerung an sie sind kleine Haltepunkte auf unserem eigenen Lebensweg und auf der Suche nach den Antworten auf unsere eigenen Lebensfragen. Wer sind wir selbst, wer wollen wir zukünftig sein?
Danke für die kleine Lücke, die kleine Zäsur, bevor ein neues Kirchenjahr beginnt. Und danke an alle unsere Verstorbenen für die gemeinsame Zeit, die uns auch zu den Menschen gemacht hat, die wir heute sind.
Einen ruhigen Moment für das Innehalten, das Erinnern, die Trauer, den Schmerz, aber auch die Freude an den schönen Erinnerungen und ebenso einen ruhigen Moment für das eigene Neu-Ausrichten in dieser oft hektischen Zeit wünscht
Claudia Kraffzig für das Schaukastenteam
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